Träumen.
Heute habe ich mir all die kleinen Seltsamkeiten, die meine Kindheit so prägten, wieder erlaubt. Es ist so einfach, meine Fantasie zu wecken - und mit ihr die Sehnsucht. Ein Buch, ein Film, ein kleiner verzauberter Moment - und in mir brennt ein Verlangen nach einem - anderen Leben, das es schmerzt.
Im Semester kann ich das nicht zulassen, ich versuche es zu ignorieren, wenn in mir fremde Welten erwachen. Heute - doch, am ersten Ferientag habe ich es mir erlaubt. Habe meine seltsamen, weichen, antiken Kleider angezogen, habe mit Kinderaugen all die erwachsenen Tätigkeiten im Haushalt und Alltag verwandelt. Just a kid in a dress.
Mittelalterliche Stulpenstiefel, das schmale, schlichte schwarze Samtkleid, darüber mein so antik veraltet wirkender Wollmantel mit dem Glockenrock - ich war nur Flaschen wegbringen, im flitternd leichten Schneegestöber, und ein Kristall auf dem schwarzen Stoff rührte mich zu Tränen. Glitzernd im Dunkel, allüberall - auf der Straße, wo ich die Automobile nicht mehr sah, vor mir auf dem Gehweg, der in meinen Augen in einer anderen Zeit lag, im Himmel, im Licht der Straßenlaternen funkelnd, fielen die kleinen Flocken.
Und bei all dem erfüllt mich Glück und Traurigkeit zusammen - vielleicht lebe ich wirklich einfach nicht in der richtigen Zeit...
Samstag, 19. Dezember 2009
Dienstag, 15. Dezember 2009
Odyssee einer Suche I
Ort: Irgendwo im Norden Deutschlands.
Auftrag: "Frau mosyone, noch immer halte ich eine ambulante Therapie für induziert. In Ihrem Wohnort gibt es keine zertifizierten DBT-Therapeuten, daher suchen Sie am besten nach einem tiefenpsychologisch fundierten ambulanten Therapeuten. Denken Sie zumindest darüber nach..!"
Nachdem dies auch vom ebenfalls auch therapeutisch ausgebildeten Hausarzt bestätigt wurde, begann der Selbstversuch - wie findet mosyone im hoffnungslos unterversorgten K. einen zu ihr passenden ambulanten Psychotherapeut / Mediziner?
Hier seien als Erfahrungsbericht die verschiedenen schrägen Typen aufgelistet, welche ihr bei dieser Suche begegnen.
Vorgespräch Nr. I : Dr. med. F.
Ein Vorort von K., sowieso nicht die günstigste Gegend. Dr. F. hatte jedoch bei Anruf keine Warteliste und die Sprechstundenhilfe vergab direkt Termine, daher dachte sich mosyone, sie könne das ja mal ausprobieren. Er stand auf der AOK-Liste der tiefenpsych. fundierten Therapeuten, somit ließ sie sich einen Termin geben und kreuzte dort zur vereinbarten Zeit auf. Dr. F. war zusätzlich noch Frauenarzt und Akupunkteur, was mosyone schon leicht misstrauisch machte - eine etwas seltsame Kombination.
Nach Aufnahme ihrer Daten an der Rezeption wartete sie etwa zehn Minuten im Wartezimmer, welches mit Schwangerschaftsbroschüren und Babyfotos versehen war, und wurde dann ins Sprechzimmer des Dr. F. geführt. Auf seinem Scheibtisch, hinter welchem er saß, lagen Menstruationskalender, Pillenwerbungen und andere medizinische Papiere.
Hand geben, hinsetzen, sich einmal umsehen, "Was führt Sie zu mir?"
Es folgte ein etwa zwanzig minütiges Anamnesegespräch, was machen die Eltern, der Bruder, wie alt sind alle, wie waren Ihre ersten 0-6 Lebensjahr, dann 6-10, 10-16, 16-20. Einmal die Geschichte erzählen, er fragte nach, ob sie ihre Diagnose aus den ganzen Psychiatrieaufenthalten kennen würde, und testete ihr Fachwissen über die Diagnose. Erst nach der familiären Anamnese fragte er das erste Mal, was sie selbst eigentlich beruflich mache.
Erst _nach_ dieser ganzen Fragerei kam er dann zu seinem Part, wie er Psychotherapie mache. Er berichtete, er arbeite mit den Methoden der katathym-imaginativen Psychotherapie, erklärte das Vorgehen kurz (siehe wikipedia-Artikel dazu) und schlug dann vor, damit gleich einmal anzufangen. Er löschte das Licht, bat mosyone, ihre Augen zu schließen, leitete eine kurze Entspannung von Armen und Schulterbereich an und bat sie dann, sich eine Wiese vorzustellen. Es folgten Fragen dazu, währenddessen ihre Augen geschlossen bleiben sollten, wie hoch das Gras sei, wie das Wetter sei, ob die Wiese begrenzt sei, welche Jahreszeit es sei, etc. Mosyone wurde angeleitet, sich selbst in der Wiese zu sehen, was sie dort tue, wie sie sich fühle (was sie total verwirrte - fragte er nach _ihren_ Gefühlen oder nach denen des Ichs auf der Wiese?), ob sich das Wetter ändere.
Nach dieser Imagination erleutete er in einer recht einfachen Symboldeutung (Frühling = Beginn des Lebens, unbegrenzte Wiese = Freiheit und Chancen, Sonne = positive Lebenseinstellung), was "ihr Unterbewusstes" ihm durch diese Bilder gesagt hätte.
Im Anschluß legte er dar, daß er eigentlich nicht der Meinung sei, sie benötige therapeutische Hilfe, auch in der Imagination hätte sich ja gezeigt, daß sie im Moment alles gut im Griff hätte und keine Probleme vorhanden seien (was wäre wohl gewesen, hätte sie sich statt für den Frühling doch für den Herbst als Jahreszeit und für Regen als Wetterlage entschieden?), aber er wolle dennoch gerne mit ihr arbeiten. Aha.
Er erklärte dann noch weiter, daß man mit dieser Therapie und mit Medikamenten gut lernen könne, mit Dissoziationen zu leben (obwohl sie in der Anamnese deutlich gesagt hatte, daß sie dieses Symptom der BPS nicht aufweist und Psychopharmaka ablehnt!), wollte dann einen weiteren Termin mit ihr ausmachen ("Ich muss diese Stunde erstmal sacken lassen, ich melde mich im neuen Jahr bei Ihnen.") und entließ sie dann.
Fazit: Ob diese Art der Therapie überhaupt sinnvoll und produktiv ist, kann ich nicht beurteilen. Jedoch ist sie für mich definitiv vollkommen unbrauchbar, da viel zu flach gedacht, nicht konkret genug, strange (Himmel, der will über Imagination an mein Unterbewusstes - ah ja) und irgendwie auch dumm. Die Deutungen, die da von meinem Gegenüber kamen, waren so platt, die hätte ich selbst ebenso gut machen können - außerdem halte ich es für enorm angreifbar, anhand einer willkürlich vorgestellten Wiese Aussagen darüber zu machen, wie mein psychischer Zustand im Moment ist. Weiterhin ist dieser Ansatz enorm leicht manipulierbar, das wäre kontraproduktiv.
Also - die Therapie-Such-Odysee geht weiter.
Auftrag: "Frau mosyone, noch immer halte ich eine ambulante Therapie für induziert. In Ihrem Wohnort gibt es keine zertifizierten DBT-Therapeuten, daher suchen Sie am besten nach einem tiefenpsychologisch fundierten ambulanten Therapeuten. Denken Sie zumindest darüber nach..!"
Nachdem dies auch vom ebenfalls auch therapeutisch ausgebildeten Hausarzt bestätigt wurde, begann der Selbstversuch - wie findet mosyone im hoffnungslos unterversorgten K. einen zu ihr passenden ambulanten Psychotherapeut / Mediziner?
Hier seien als Erfahrungsbericht die verschiedenen schrägen Typen aufgelistet, welche ihr bei dieser Suche begegnen.
Vorgespräch Nr. I : Dr. med. F.
Ein Vorort von K., sowieso nicht die günstigste Gegend. Dr. F. hatte jedoch bei Anruf keine Warteliste und die Sprechstundenhilfe vergab direkt Termine, daher dachte sich mosyone, sie könne das ja mal ausprobieren. Er stand auf der AOK-Liste der tiefenpsych. fundierten Therapeuten, somit ließ sie sich einen Termin geben und kreuzte dort zur vereinbarten Zeit auf. Dr. F. war zusätzlich noch Frauenarzt und Akupunkteur, was mosyone schon leicht misstrauisch machte - eine etwas seltsame Kombination.
Nach Aufnahme ihrer Daten an der Rezeption wartete sie etwa zehn Minuten im Wartezimmer, welches mit Schwangerschaftsbroschüren und Babyfotos versehen war, und wurde dann ins Sprechzimmer des Dr. F. geführt. Auf seinem Scheibtisch, hinter welchem er saß, lagen Menstruationskalender, Pillenwerbungen und andere medizinische Papiere.
Hand geben, hinsetzen, sich einmal umsehen, "Was führt Sie zu mir?"
Es folgte ein etwa zwanzig minütiges Anamnesegespräch, was machen die Eltern, der Bruder, wie alt sind alle, wie waren Ihre ersten 0-6 Lebensjahr, dann 6-10, 10-16, 16-20. Einmal die Geschichte erzählen, er fragte nach, ob sie ihre Diagnose aus den ganzen Psychiatrieaufenthalten kennen würde, und testete ihr Fachwissen über die Diagnose. Erst nach der familiären Anamnese fragte er das erste Mal, was sie selbst eigentlich beruflich mache.
Erst _nach_ dieser ganzen Fragerei kam er dann zu seinem Part, wie er Psychotherapie mache. Er berichtete, er arbeite mit den Methoden der katathym-imaginativen Psychotherapie, erklärte das Vorgehen kurz (siehe wikipedia-Artikel dazu) und schlug dann vor, damit gleich einmal anzufangen. Er löschte das Licht, bat mosyone, ihre Augen zu schließen, leitete eine kurze Entspannung von Armen und Schulterbereich an und bat sie dann, sich eine Wiese vorzustellen. Es folgten Fragen dazu, währenddessen ihre Augen geschlossen bleiben sollten, wie hoch das Gras sei, wie das Wetter sei, ob die Wiese begrenzt sei, welche Jahreszeit es sei, etc. Mosyone wurde angeleitet, sich selbst in der Wiese zu sehen, was sie dort tue, wie sie sich fühle (was sie total verwirrte - fragte er nach _ihren_ Gefühlen oder nach denen des Ichs auf der Wiese?), ob sich das Wetter ändere.
Nach dieser Imagination erleutete er in einer recht einfachen Symboldeutung (Frühling = Beginn des Lebens, unbegrenzte Wiese = Freiheit und Chancen, Sonne = positive Lebenseinstellung), was "ihr Unterbewusstes" ihm durch diese Bilder gesagt hätte.
Im Anschluß legte er dar, daß er eigentlich nicht der Meinung sei, sie benötige therapeutische Hilfe, auch in der Imagination hätte sich ja gezeigt, daß sie im Moment alles gut im Griff hätte und keine Probleme vorhanden seien (was wäre wohl gewesen, hätte sie sich statt für den Frühling doch für den Herbst als Jahreszeit und für Regen als Wetterlage entschieden?), aber er wolle dennoch gerne mit ihr arbeiten. Aha.
Er erklärte dann noch weiter, daß man mit dieser Therapie und mit Medikamenten gut lernen könne, mit Dissoziationen zu leben (obwohl sie in der Anamnese deutlich gesagt hatte, daß sie dieses Symptom der BPS nicht aufweist und Psychopharmaka ablehnt!), wollte dann einen weiteren Termin mit ihr ausmachen ("Ich muss diese Stunde erstmal sacken lassen, ich melde mich im neuen Jahr bei Ihnen.") und entließ sie dann.
Fazit: Ob diese Art der Therapie überhaupt sinnvoll und produktiv ist, kann ich nicht beurteilen. Jedoch ist sie für mich definitiv vollkommen unbrauchbar, da viel zu flach gedacht, nicht konkret genug, strange (Himmel, der will über Imagination an mein Unterbewusstes - ah ja) und irgendwie auch dumm. Die Deutungen, die da von meinem Gegenüber kamen, waren so platt, die hätte ich selbst ebenso gut machen können - außerdem halte ich es für enorm angreifbar, anhand einer willkürlich vorgestellten Wiese Aussagen darüber zu machen, wie mein psychischer Zustand im Moment ist. Weiterhin ist dieser Ansatz enorm leicht manipulierbar, das wäre kontraproduktiv.
Also - die Therapie-Such-Odysee geht weiter.
Mittwoch, 2. Dezember 2009
Schritte.
Wieder einmal von ganz vorne. Es ist schon faszinierend - Selbstbeobachtung hat einen gewissen Reiz. Immerhin stelle ich dabei auch ab und an fest, daß ich wirklich Fortschritte gemacht habe. Ich vermeide zwar noch gerne, aber irgendwann siegt die Vernunft und ich kümmere mich dann doch drum. Und wenn dann, so wie heute, auch noch ein bisschen Glück (bzw die Vorsicht seitens meines lokalen Allgemeinmediziners) dazukommt, schaffe ich es sogar, wirklich alles zu fragen, was ich mir seit Wochen vorgenommen hatte - er stellte die richtigen Fragen.
Nun liegt auf meinem Schreibtisch wieder einmal eine Liste voller Mediziner und Diplom-Psychologen, allesamt auf tiefenpsychologische Therapie spezialisiert. Abseits der alten verhaltenstherapeutischen Ansätze ist es an der Zeit, mich und meine Psyche (und irgendwie auch meine Vergangenheit) erneut auf den Seziertisch zu legen. In einem Setting, was sich bislang noch nie produktiv auswirkte, nämlich - im Alltag. Im tagtäglichen Streß, zwischen Universität, Proben und Freunden.
Es bedeutet, sollte ich einen Platz und ein Gegenüber finden, welches mir sympathisch ist, daß ich einen Teil meiner Persönlichkeit in mein Normalitäts-Ich integrieren muss, einen Part meiner Selbst, den ich in Kiel einsperrte und der in den Semesterferien dann die Leitung übernahm.
Ich bin gespannt, wie ich mich so mit ihm vertrage...
Nun liegt auf meinem Schreibtisch wieder einmal eine Liste voller Mediziner und Diplom-Psychologen, allesamt auf tiefenpsychologische Therapie spezialisiert. Abseits der alten verhaltenstherapeutischen Ansätze ist es an der Zeit, mich und meine Psyche (und irgendwie auch meine Vergangenheit) erneut auf den Seziertisch zu legen. In einem Setting, was sich bislang noch nie produktiv auswirkte, nämlich - im Alltag. Im tagtäglichen Streß, zwischen Universität, Proben und Freunden.
Es bedeutet, sollte ich einen Platz und ein Gegenüber finden, welches mir sympathisch ist, daß ich einen Teil meiner Persönlichkeit in mein Normalitäts-Ich integrieren muss, einen Part meiner Selbst, den ich in Kiel einsperrte und der in den Semesterferien dann die Leitung übernahm.
Ich bin gespannt, wie ich mich so mit ihm vertrage...
Freitag, 27. November 2009
Dienstag, 24. November 2009
Vielleicht...
... ist es an der Zeit - nein, eigentlich ist es sicher an der Zeit, sich zu - veraendern. Eine zweite Pubertaet, eine Emanzipation, sich losloesen von Strukturen, die nicht mehr angemessen, passend und aktuell sind und sein sollten.
Es bietet sich an, diese eine Verschiebung zu einem generellen Abschied zu machen. Die Zeit dafuer ist gekommen, und an "Traditionen" haften zu bleiben, welche keinen Realitaetsbezug mehr haben, ist mehr schaedlich denn sinnvoll.
Die Vorsicht soll dabei nicht außer Acht gelassen werden, also ist es wohl ratsam, sich anderweitig, naeher, eine neue Kontrollinstanz zu schaffen, die hinterfragt, objektiv beobachtet, zuhoert. Es ist an der Zeit, sowohl das Selbstbewusstsein fuer den Abschied wie auch den Mut zu besitzen, sich im Alltag zu hinterfragen.
Also werde ich erneut suchen gehen, um meine Stabilitaet sichern, pruefen und stuetzen zu lassen.
Es bietet sich an, diese eine Verschiebung zu einem generellen Abschied zu machen. Die Zeit dafuer ist gekommen, und an "Traditionen" haften zu bleiben, welche keinen Realitaetsbezug mehr haben, ist mehr schaedlich denn sinnvoll.
Die Vorsicht soll dabei nicht außer Acht gelassen werden, also ist es wohl ratsam, sich anderweitig, naeher, eine neue Kontrollinstanz zu schaffen, die hinterfragt, objektiv beobachtet, zuhoert. Es ist an der Zeit, sowohl das Selbstbewusstsein fuer den Abschied wie auch den Mut zu besitzen, sich im Alltag zu hinterfragen.
Also werde ich erneut suchen gehen, um meine Stabilitaet sichern, pruefen und stuetzen zu lassen.
Freitag, 20. November 2009
Novemberlied
Jetzt poebeln die Novemberwinde
Aufs Neue herzlos durch das Land.
Die Windsbrautbrut und ihr Gesinde
Sind wieder außer Rand und Band.
Die Dichter treibt es nun in Scharen
Durch die Alleen hin und her,
Und ich durfte es auch erfahren:
In mir novembert es schon sehr.
Der Winter steht nun unerlaeßlich
Vor mir und meines Lebens Tuer.
Jetzt waer' ich wirklich gern vergeßlich,
Das bin ich, nur nicht jetzt und hier.
Melancholie. November eben.
Die Sonnenstunden werden knapp.
Grad uebte man sich noch im Schweben,
Nun stuerzt man mit den Blaettern ab.
Man koennte sich aufs Schlittschuh fahren
Und auf Kastanienfeuer freun,
Wuerden nicht nach so vielen Jahren
Gewisse Depressionen dreuen.
Man koennte auch der Agonie
Mit Uebermut den Ruecken kehrn,
Mit Festen und mit Räuschen, die
Gewisser Reize nicht entbehrn.
Nur kennt man das schon allzu gut,
Man hat sich so oft abgelenkt.
Es fasst im Fruehling der nur Mut,
Der sich im Herbst auch Trauer schenkt.
Melancholie. November eben.
Der Herbst zieht in die Herzen.
Es gibt auch Gruende, nicht zu leben,
Sie muessen ja nicht triftig sein.
Konstantin Wecker - Novemberlied
Manchmal muss man sich Traurigkeit auch erlauben. Es gibt eine Zeit zu lachen, es gibt eine Zeit zum trauern. Und im Herbst gehoert Melancholie nun einmal dazu. Warum gegen Windmuehlen ankaempfen?
Donnerstag, 19. November 2009
Bilder.
Mein Leben ist wie leise See:
Wohnt in den Uferhäusern das Weh,
wagt sich nicht aus den Höfen.
Nur manchmal zittert ein Nahn und Fliehn:
aufgestörte Wünsche ziehn
darüber wie silberne Möven.
Und dann ist alles wieder still...
Und weißt du was mein Leben will,
hast du es schon verstanden?
Wie eine Welle im Morgenmeer
will es, rauschend und muschelschwer,
an deiner Seele landen.
Rainer Maria Rilke
Windstill ist es, Ruhe vor dem Sturm. Leise treibe ich im Wasser, nur sanft trägt mich die leichte Strömung vorwärts. Manchmal trifft ein Sonnenstrahl mein Gesicht, bevor wieder Wolken den Himmel verdunkeln.
Wohin es geht? Ich weiß es nicht. Ich lasse mich treiben, muss nur manchmal darum kämpfen, über Wasser zu bleiben.
Die schwarzen Tiefen unter mir locken und rufen nach mir.
Manchmal frage ich mich, wer ich eigentlich bin. Ich sammle Identitäten wie andere Menschen Briefmarken - und egal, welche ich annehme, ich sehne mich nach anderen. Keine Maske, keine Wahrheit kann jemals wirklich zeigen, _wer_ ich bin - ach, als wenn ich es wirklich wüsste. Oftmals stehe ich vor mir selbst und - kenne mich nicht.
Wenn ich mir jemals selbst in meine Seele sehen könnte...
Sonntag, 8. November 2009
Zugfahrt Hamburg - Kiel
Eine Welt zieht vor dem Panoramafenster vorbei. Durch die Schwärze der Nacht treten andere Konturen hervor - erleuchtete Quadrate, Lichtpunkte, Laternen und Leuchtschriften. Eine Küche an einer Hausecke, antik und gemütlich, mit weiß-grünen Kacheln an den Wänden, und nur ein paar Sekunden weiter rote Samtvorhänge vor einem Kronleuchter. Eine festlich angestrahlte Kirche, eine Ladenzeile, dann folgt tiefe Dunkelheit. Feld, Wald? Es ist nicht zu sehen.
In der Ferne Autoscheinwerfer, weiß und rot, und auf dem Nachbargleis durchschneit viel zu hell ein anderer Zug die Nacht. Geblendet wende ich den Blick ab, will den anderen stillen Beobachtern nicht in die Gesichter sehen.
So anonym wie ich.
Orange und gelb grüßen Ortschaften herüber. Keine bleibt lang, sie fliegen vorüber. Natürlich sind dort Menschen, doch weil ich in allem Wissen und Erfahren immer in mir selbst eingeschlossen bin, bleiben sie nur theoretische Ahnungen.
Eine erste Lichterkette an einem Baum oder Busch illuminiert die kommende Jahreszeit. Ein Bahnsteig mit einem alten, langhaarigen Mensch darauf, einem küssenden Pärchen, für das ich als stille Beobachterin gar nicht existiere. Werbung für gute Abwehrkräfte.
Was hat dieser Kerl mit dem bunten Sombrero wohl noch vor? Was sucht die Frau am Boden in ihrer Handtasche? Schon ist die Szene, schon sind die Menschen, die für diesen einen Moment Teil meines Lebens waren, wieder daraus verschwunden. Schwärze umgibt mich.
Wie kleine Leuchttürme tauchen Fenster voll Licht darin auf und erlöschen wieder. Meine Gedanken wandern, zurück nach Harburg, zurück zu diesem Kuß.
Und auch wenn ich heute nichts für die Uni getan habe, war dieser Tag genutzt und schön wie kaum ein anderer.
In der Ferne Autoscheinwerfer, weiß und rot, und auf dem Nachbargleis durchschneit viel zu hell ein anderer Zug die Nacht. Geblendet wende ich den Blick ab, will den anderen stillen Beobachtern nicht in die Gesichter sehen.
So anonym wie ich.
Orange und gelb grüßen Ortschaften herüber. Keine bleibt lang, sie fliegen vorüber. Natürlich sind dort Menschen, doch weil ich in allem Wissen und Erfahren immer in mir selbst eingeschlossen bin, bleiben sie nur theoretische Ahnungen.
Eine erste Lichterkette an einem Baum oder Busch illuminiert die kommende Jahreszeit. Ein Bahnsteig mit einem alten, langhaarigen Mensch darauf, einem küssenden Pärchen, für das ich als stille Beobachterin gar nicht existiere. Werbung für gute Abwehrkräfte.
Was hat dieser Kerl mit dem bunten Sombrero wohl noch vor? Was sucht die Frau am Boden in ihrer Handtasche? Schon ist die Szene, schon sind die Menschen, die für diesen einen Moment Teil meines Lebens waren, wieder daraus verschwunden. Schwärze umgibt mich.
Wie kleine Leuchttürme tauchen Fenster voll Licht darin auf und erlöschen wieder. Meine Gedanken wandern, zurück nach Harburg, zurück zu diesem Kuß.
Und auch wenn ich heute nichts für die Uni getan habe, war dieser Tag genutzt und schön wie kaum ein anderer.
Dienstag, 20. Oktober 2009
54° 27' 17" N 10° 11' 47" E - Leuchtturm Buelk, Strande
Einhundertachtzig Grad offene See, eine endlose Weite. Irgendwo hinterm Horizont locken die dänischen Inseln, dort, wohin der Wind weht.
Ein trahlend blauer Himmel spannt sich über die weißen Schaumkronen, die vereinzelt mit den Wellen spielen. Brausend bricht sich die Gischt an den Lahnungen. Rote und grüne Tonnen weisen eine Straße auf dem Meer aus, einige Segler kreuzen dazwischen, nutzen den Herbsttag. Wenn der Wind die letzten Blätter von den Bäumen gerissen hat, ist es todesmutig, noch hinauszufahren, aber heute - nein, noch lockt das Wasser. Zwischen ihnen spielen Motorboote und Fähren, ein müder Großsegler flieht in die ruhigen Wasser der Förde. Möwen lassen sich treiben.
Hinter mir, an der Öffnung der Bucht, steht weißschwarzweiß der Bülker Leuchtturm, draußen auf dem Meer leuchtet rotweißrot der Kieler. Ich möchte an ihm vorbei in die Unendlichkeit fliehen, mit dem Wind reisen. Doch der Winter zwingt Seemänner an Land.
Nur die Brandung rauscht an der Mole.
Donnerstag, 15. Oktober 2009
55°41' N 10°43' E - Storebælt mit Kurs auf die große Beltbrücke
Langsam, ganz sacht, lässt der Wind nach, welcher die "Albatros" nun über eine Stunde mit rasanter Fahrt vor sich her jagte. Erschöpft lassen sich die Deckshands auf eine Backskiste sinken, müde liegen Hände im Schoß. Nun sind die Segel wieder ganz gesetzt, der Klüverbaum knirscht zufrieden unter dem Zug des straff gefüllten Tuchs. Kleine Wellen, kaum spürbar, kichern flüsternd am Bug.
Ich streife die nasse Wollmütze vom Kopf und schüttele, wie ein Hund, die feuchten Haare, so daß Tropfen wild um mich spritzen. Mit leisem Quietschen springt die Rudergängerin davon, obwohl ihr Ölzeug sie gegen das Wasser schützen würde. Mein Lachen ist schon ein wenig erlöst, jetzt, da die Wolkenfront langsam davon zieht, wir nicht mehr auf der Hut vor plötzlichen, starken Böen sein müssen. Ein Nicken des Captains, gut gemacht, stell' die Maschine jetzt aus.
Kurz danach senkt sich die Stille über das Schiff. Nun ist das Plätschern der Wellen, das Ächzen des alten Holzes im Seegang plötzlich deutlich zu hören, das Quietschen des Leders der Klauen an den Masten, das Brausen des Windes in den Segeln. Ruhig, mit gleichmäßigen Bewegungen, bahnt sich die Albatros ihren Weg.
Als ich aus dem Maschinenraumschott wieder an Deck komme und mir nun das Ölzeug von den Beinen ziehe, trifft schon wieder, so kurz nach dem Regen, ein Sonnenstrahl mein Gesicht. Und mit einem Mal ist dieser Moment die ganze Welt.
Donnerstag, 8. Oktober 2009
54° 21' 38.41" N 10° 36' 3.47" E Leuchtturm Neuland, Behrensdorf
Ein Stahl- und Stacheldrahtzaun durchschneidet den Strand, davor, auf der Düne, steht eine einsame Bank. Aus Nordwest dringen die Geräusche von Schüssen und Sprengungen herüber, gelbe Tonnen warnen im Wasser vor dem Truppenübungsgelände. Der Strand ist nicht touristenfein glattgefegt, Steine, Algen, natürliche Überreste des Lebens am Meer säumen den Weg. Tiefe Spuren hinterlassen meine Füße im Sand.
Über allem, vielleicht fünfzig Meter vom Wasser entfernt, tront der Neuländer Leuchtturm, ein sich drehendes Licht gen Norden, Richt- und Hoffnungsfeuer für Schiffe und Seemänner. Vor dem hellwolkigen Himmel wirkt er beinahe schwarz, nur der helle Fleck in seiner Krone ist deutlich zu erkennen. Versonnen bleibt mein Blick daran hängen. Egal, ob auf dem Wasser oder an Land - wenn Du ein Leuchtfeuer siehst, kennst Du den Weg. Ein tröstliches Zeichen in all der Einsamkeit auf den Wellen.
Über allem, vielleicht fünfzig Meter vom Wasser entfernt, tront der Neuländer Leuchtturm, ein sich drehendes Licht gen Norden, Richt- und Hoffnungsfeuer für Schiffe und Seemänner. Vor dem hellwolkigen Himmel wirkt er beinahe schwarz, nur der helle Fleck in seiner Krone ist deutlich zu erkennen. Versonnen bleibt mein Blick daran hängen. Egal, ob auf dem Wasser oder an Land - wenn Du ein Leuchtfeuer siehst, kennst Du den Weg. Ein tröstliches Zeichen in all der Einsamkeit auf den Wellen.
Montag, 5. Oktober 2009
54° 20' 40.71" N 10° 9' 20.89" E Faehranleger Bellevue, Kiel
Dunkelheit. Schimmernde Lichter als Spiegelungen auf dem Wasser, verwischte Schatten einmal quer über die Bucht. Leichter Wind aus Südost, ein Streicheln auf der Haut. Hinter Wolken beginnt mit grauem Licht der Mond aufzugehen, die Fähre nach Schweden zieht als grellleuchtender Koloss vorbei. Nordnordöstlich rote und grüne Funkelfeuer, der Leuchtturm grüßt von fern.
Nähe und Weite liegen eng beieinander, die Förde öffnet sich in die Welt, in welche der Dampfer entschwindet, hinaus aufs offene Meer. Einer Möwe gleich möchte man hinterherfliegen, und doch kann man für diesen Moment zufrieden sein, hier jetzt zu stehen.
Tränen der Sehnsucht und des Fernwehs in den Augen.
Nähe und Weite liegen eng beieinander, die Förde öffnet sich in die Welt, in welche der Dampfer entschwindet, hinaus aufs offene Meer. Einer Möwe gleich möchte man hinterherfliegen, und doch kann man für diesen Moment zufrieden sein, hier jetzt zu stehen.
Tränen der Sehnsucht und des Fernwehs in den Augen.
Sonntag, 4. Oktober 2009
Yoho, yoho, a pirate's life for me!
Wherever we want to go, we go. That's what a ship is, you know. It's not just a keel and a hull and a deck and sails, that's what a ship needs. But what a ship is - what the Black Pearl really is - is freedom.
"Pirates of the Caribbean", Captain Jack Sparrow
Sieben Tage auf See. Wir haben nicht so viele Seemeilen gemacht wie im Mai, die Crew von den Kids war auch nicht so fit wie wir damals. Aber Spaß hat es gemacht, und es war für mich ungeheuer lehrreich. Stammbesatzung, im zweiten Törn überhaupt - was für ein rascher Aufstieg! Und es gab soviel zu lernen für mich.
Mein Lehrmeister und Schiffsvaddern zeigte enorm viel Geduld, erklärte, ließ mich kräftig mit anpacken. Samstag Abend stand ich das erste Mal auf der Brücke und fuhr die Maschine, da noch mit ihm hinter mir. Schon Sonntag stand ich dort allein, Montag warf ich "Gisela", unsere Hauptmaschine, das erste Mal selbst an. Wir reparierten das eine Pumpklosett, bis zu den Ellenbogen verdreckt, führten Öl- und Ölfilterwechsel durch. Die Tagesroutine war binnen kürzester Zeit kein Problem mehr, und gemeinsam lösten wir so manches kleinere und größere Problem. Donnerstag nannte mich mein Vadder zum ersten Mal nicht mehr "Anwärter", sondern seinen "2. Maschinisten"..
Zu Hause ist es so unsagbar still. Der Wind fehlt, die Segel, der weite Blick, aber noch viel mehr die Menschen. Meine "Eltern", die Crew, der Stamm - ein Haufen unterschiedlicher Typen und Charaktere, die zusammen auf engstem Raum leben, arbeiten, Freude haben.
Mein Arbeitstshirt liegt neben mir, und immer wieder nehme ich es in die Hand, schnuppere daran und denke an "meinen" Maschinenraum. Eine weitere wundervolle Woche ist vergangen. Darin fiel mein Burzeltag kaum auf - klar, wir haben gemeinsam 'reingefeiert, ich habe eine Flasche Sherry kreisen lassen, und auch die Kids sind so lange aufgeblieben. Ich habe Geschenke bekommen, eine Kette von der ganzen Crew mit einem Kleeblatt daran, ein Kalender von S., Kuchen von der Kombüse (S. und E.), ein stilechtes Maschinistenhalstuch mit Seemannsknoten von H., eine Flasche "bitterer Ernst" von meinen Eltern und ein wundervolles Büchlein mit zwei Zimmermannsbleistiften von S. Aber an dem Tag war ich mir des Datums noch weniger bewusst als jemals zuvor, und es war gut so.
Yoho, yoho, a pirate's life for me!
"Pirates of the Caribbean", Captain Jack Sparrow
Sieben Tage auf See. Wir haben nicht so viele Seemeilen gemacht wie im Mai, die Crew von den Kids war auch nicht so fit wie wir damals. Aber Spaß hat es gemacht, und es war für mich ungeheuer lehrreich. Stammbesatzung, im zweiten Törn überhaupt - was für ein rascher Aufstieg! Und es gab soviel zu lernen für mich.
Mein Lehrmeister und Schiffsvaddern zeigte enorm viel Geduld, erklärte, ließ mich kräftig mit anpacken. Samstag Abend stand ich das erste Mal auf der Brücke und fuhr die Maschine, da noch mit ihm hinter mir. Schon Sonntag stand ich dort allein, Montag warf ich "Gisela", unsere Hauptmaschine, das erste Mal selbst an. Wir reparierten das eine Pumpklosett, bis zu den Ellenbogen verdreckt, führten Öl- und Ölfilterwechsel durch. Die Tagesroutine war binnen kürzester Zeit kein Problem mehr, und gemeinsam lösten wir so manches kleinere und größere Problem. Donnerstag nannte mich mein Vadder zum ersten Mal nicht mehr "Anwärter", sondern seinen "2. Maschinisten"..
Zu Hause ist es so unsagbar still. Der Wind fehlt, die Segel, der weite Blick, aber noch viel mehr die Menschen. Meine "Eltern", die Crew, der Stamm - ein Haufen unterschiedlicher Typen und Charaktere, die zusammen auf engstem Raum leben, arbeiten, Freude haben.
Mein Arbeitstshirt liegt neben mir, und immer wieder nehme ich es in die Hand, schnuppere daran und denke an "meinen" Maschinenraum. Eine weitere wundervolle Woche ist vergangen. Darin fiel mein Burzeltag kaum auf - klar, wir haben gemeinsam 'reingefeiert, ich habe eine Flasche Sherry kreisen lassen, und auch die Kids sind so lange aufgeblieben. Ich habe Geschenke bekommen, eine Kette von der ganzen Crew mit einem Kleeblatt daran, ein Kalender von S., Kuchen von der Kombüse (S. und E.), ein stilechtes Maschinistenhalstuch mit Seemannsknoten von H., eine Flasche "bitterer Ernst" von meinen Eltern und ein wundervolles Büchlein mit zwei Zimmermannsbleistiften von S. Aber an dem Tag war ich mir des Datums noch weniger bewusst als jemals zuvor, und es war gut so.
Yoho, yoho, a pirate's life for me!
Montag, 1. Juni 2009
...
T., kann man von Borderline Urlaub machen?!
Vielleicht. Kann man Urlaub von sich selbst nehmen? Ich hätte es nie zuvor für möglich gehalten, doch diese acht Tage bewiesen das Gegenteil. Es ist möglich, eine Auszeit zu bekommen - von mir, von der Uni, der Arbeit, sogar von meinen Gedanken.
Umso härter ist es, wieder in das alte zurückzukehren, das sich so gar nicht geändert hat - ich bin anders, doch wie ich das bewahren und umsetzen soll, das weiß ich nicht.
Als wären nicht 8 Tage, sondern Wochen, Monate, ein Jahr vergangen.
Vielleicht. Kann man Urlaub von sich selbst nehmen? Ich hätte es nie zuvor für möglich gehalten, doch diese acht Tage bewiesen das Gegenteil. Es ist möglich, eine Auszeit zu bekommen - von mir, von der Uni, der Arbeit, sogar von meinen Gedanken.
Umso härter ist es, wieder in das alte zurückzukehren, das sich so gar nicht geändert hat - ich bin anders, doch wie ich das bewahren und umsetzen soll, das weiß ich nicht.
Als wären nicht 8 Tage, sondern Wochen, Monate, ein Jahr vergangen.
Samstag, 9. Mai 2009
Die Stille...
... ist im Sturm.
Ich fühle mich nie auch nur annähernd so lebendig, wie wenn ich im Wind stehe und den Regen auf meinem Gesicht fühle.
Atmen.
Ruhe.
Widerstand im Gesicht, Himmelstränen auf den Wangen.
Und Wind in den Haaren, im Antlitz, in der Kleidung. Er zerrt an mir, und mein Körper ist so präsent wie sonst nie.
Nur im Sturm fühle ich mich. Aber - immerhin dann.
Ich fühle mich nie auch nur annähernd so lebendig, wie wenn ich im Wind stehe und den Regen auf meinem Gesicht fühle.
Atmen.
Ruhe.
Widerstand im Gesicht, Himmelstränen auf den Wangen.
Und Wind in den Haaren, im Antlitz, in der Kleidung. Er zerrt an mir, und mein Körper ist so präsent wie sonst nie.
Nur im Sturm fühle ich mich. Aber - immerhin dann.
Sonntag, 19. April 2009
Sonnensonntage
Wenn ich draußen im Hof, oder, wenn ich die Zeit dafür wirklich finde, unten an der Förde auf einem Anleger in der Sonne und im Wind sitze und mir das Licht auf Gesicht und Arme scheinen lasse, geht einem vieles, trotz des Buchs in meinen Händen, im Kopf herum.
~Sonnenbad~
Eigentlich bin ich keine Betroffene vom "Winterblues", doch grade scheint es mir selbst so, als hätte ich dringenden Nachholbedarf an Serotonin - und mithilfe des so stark leuchtenden Himmelskörpers lässt sich da einiges bessern, um weniger Melatonin in meinem Kreislauf zirkulieren zu haben. Gleichzeitig ist es auch wieder einmal Kopfkino - als brenne mir jeder Sonnenstrahl ein wenig Gefühl und Chaos aus dem wirren Kopf, bis eine lichtsatte Ruhe darin herrscht. Nicht freudig, nicht glückgeladen, nur still - eigentlich eher wehmütig still, mit sanftem, sehnsüchtigem Schmerz.
Ich beginne, wieder Distanz zu entwickeln, lasse mir vom Wind die Wahrnehmung von Problemen und Emotionen davon wehen, Seifenblasen, die zerplatzen. Ich schaffe Normalität, die darauf abzielt, diese bohrende Vernunft in Hinsicht auf Psyche, auf Instabilität zu verdrängen, ihr den Raum zu nehmen. Mich selbst vergessen in der Funktion, in meinen Aufgaben, und dankbar annehmen, was mir von außen gegeben wird, von Kommilitonen, Dozenten.
Möge die Sonne die letzten 9 Wochen ausbrennen wie einen Wassertropfen auf Asphalt - und möge meine Hautheilung die letzten Zeichen der Instabilität bald in genauso blasse Erinnerungen verwandeln wie den Rest..
~Sonnenbad~
Eigentlich bin ich keine Betroffene vom "Winterblues", doch grade scheint es mir selbst so, als hätte ich dringenden Nachholbedarf an Serotonin - und mithilfe des so stark leuchtenden Himmelskörpers lässt sich da einiges bessern, um weniger Melatonin in meinem Kreislauf zirkulieren zu haben. Gleichzeitig ist es auch wieder einmal Kopfkino - als brenne mir jeder Sonnenstrahl ein wenig Gefühl und Chaos aus dem wirren Kopf, bis eine lichtsatte Ruhe darin herrscht. Nicht freudig, nicht glückgeladen, nur still - eigentlich eher wehmütig still, mit sanftem, sehnsüchtigem Schmerz.
Ich beginne, wieder Distanz zu entwickeln, lasse mir vom Wind die Wahrnehmung von Problemen und Emotionen davon wehen, Seifenblasen, die zerplatzen. Ich schaffe Normalität, die darauf abzielt, diese bohrende Vernunft in Hinsicht auf Psyche, auf Instabilität zu verdrängen, ihr den Raum zu nehmen. Mich selbst vergessen in der Funktion, in meinen Aufgaben, und dankbar annehmen, was mir von außen gegeben wird, von Kommilitonen, Dozenten.
Möge die Sonne die letzten 9 Wochen ausbrennen wie einen Wassertropfen auf Asphalt - und möge meine Hautheilung die letzten Zeichen der Instabilität bald in genauso blasse Erinnerungen verwandeln wie den Rest..
Donnerstag, 22. Januar 2009
Heimfahrt
Es ist schon dunkel, als ich endlich das Gebäude verlasse und mich auf mein geduldiges Reittier schwinge, welches all die Stunden geduldig im Freien auf mich wartete. Die Gangschaltung ist zu knapp drei Vierteln defekt, weswegen die Anfahrt sich immer etwas schwierig gestaltet, doch ich habe dieses Mal rasch Fahrt aufgenommen und treibe den Drahtesel den gewundenen Weg empor, der den unteren Teil der Uni (Linguistik, Historik, Theologie, Bio und die UB) mit dem Hauptteil auf dem Berg (auf dem Fahrrad fühlt es sich wie einer an!) verbindet. Dieser reine Fuß- und Radweg führt hinter den Sportstätten entlang, steigt dann etwa fünzig Meter steil an und führt über einen Autobahnzubringer hinter dem Stundentendorf mitten in den Campus.
Ich kämpfe mich, irgendwie gut gelaunt, die Steigung hinauf und rolle dann langsam über den vielen Scheinwerfern. Vor mir liegt eine Stadt aus Lichtern, die scheinbar haltlos mitten im Dunkel schweben, ein ganzes Wohnviertel, was keine Wohnungen beherbergt, sondern Menschen wie mich, die dort lernen, arbeiten, forschen.
Es kommt so plötzlich, daß es mich regelrecht überrascht - wie eine Welle trifft es mich von der Seite, schlägt über meinem Kopf zusammen. Mittlerweile ist es nicht mehr so fremd wie noch vor einigen Monaten, nicht mehr so unvorstellbar wie vor einem Jahr - und doch bringt es mich noch immer ein wenig aus der Fassung. Ich habe den Drang, laut zu rufen, es hinauszubrüllen, und doch schweige ich lieber, und lasse es mich ganz erfüllen - dieses plötzliche Glücksgefühl, mächtig und seltsam. Mein Bauch wird innerlich warm, und ich strahle plötzlich, die Gedanken, die in meinem Kopf wie Fanfaren klingen, sind einfach zu schön. Ich bin glücklich. Ich lebe - und bin darüber mit einem Mal so froh, so stolz, daß ich wirklich kurzfristig darüber nachdenke, ob ich nicht den unter mir vorbeirasenden Wagen zurufen sollte, was für ein Wunder es ist, daß i c h lebe, daß mir das Leben gefällt - wie wundervoll l e b e n sein kann.
Als aus dem Dunkel am Fuß der schmalen Brücke andere Studenten auftauchen, rolle ich weiter, noch immer breit lächelnd. Die kalte Luft auf meinen Wangen fühlt sich so real an, meine unbedeckten Hände kribbeln und schmerzen im Fahrtwind, und doch genieße ich dieses Gefühl, weil es mir zeigt, daß ich da bin, daß ich fühle. Ich bin.
Kurzfristig wundere ich mich darüber, daß ich es bin, die so selbstverständlich über diesen Campus fährt, mit einem Blick prüft, ob in meinem zweiten, mir lieberen Institut noch Licht brennt, und dann so automatisch schon den Weg nach Hause einschlage. Bis heute ist es manchmal unverständlich, daß ich das geschafft habe, hierher zu kommen und bis jetzt zu bestehen - so viel ist besiegt. Die Einsamkeit, viele Ängste, die Krankheit?!
Mein Rad läuft weiter, und ich zügle es nicht. Im Dunkeln, entlang des Parkes, an dem mein Weg langgeht, wirken die Lichter der mir entgegenkommenden Radler wie Laternen, und kurz verliere ich mich in Gedanken. Ich habe soviel nachzuholen. Manchmal scheint es mir, als wäre ich die vergangenen drei Jahre größtenteils gefangen gewesen - in dem grauen, dunklen Kerker meines eigenen kranken Denkens. Wie farbig, wie bunt, wie schön die Welt sein kann!
Leider ist es wie immer - noch halte ich diese Überlegungen, diese Freude nur schwer aus. Ich muss mich dann wieder in das alte flüchten, muss dem aus Prinzip quasi ein paar düstere Sätze entgegenstellen, meine Ängste beruhigen. 'Nein, keine Sorge, das war nur ein Ausreißer, ich weiß noch nicht, ob ich wirklich leben will, ich teste nur. Nein, keine Angst, ich gebe dich nicht auf, Melancholie. Ich kann immer zurück, ein paar Schnitte, zuviele Tabletten, dann bin ich wieder auf sicherem Boden, dort, wo ich mich auskenne.' Und doch weiß ich, daß es langsam, Stück für Stück, anders wird. Besser. Und wer weiß, vielleicht kann ich eines Tages ganz zu der Freude stehen. Noch machen mir solche Lebensfreude Angst, es ist so gefährlich ungewohnt. Noch kann die ängstliche T. ihre alten Überlebensstrategien nicht ganz loslassen, obwohl ich sie nicht mehr verwende. Nur die Möglichkeit zu haben....
Die Wärme im Bauch ist geblieben, und indem ich das alles aufschreibe, halte ich den Moment fest - und die guten Gedanken.
Ich kämpfe mich, irgendwie gut gelaunt, die Steigung hinauf und rolle dann langsam über den vielen Scheinwerfern. Vor mir liegt eine Stadt aus Lichtern, die scheinbar haltlos mitten im Dunkel schweben, ein ganzes Wohnviertel, was keine Wohnungen beherbergt, sondern Menschen wie mich, die dort lernen, arbeiten, forschen.
Es kommt so plötzlich, daß es mich regelrecht überrascht - wie eine Welle trifft es mich von der Seite, schlägt über meinem Kopf zusammen. Mittlerweile ist es nicht mehr so fremd wie noch vor einigen Monaten, nicht mehr so unvorstellbar wie vor einem Jahr - und doch bringt es mich noch immer ein wenig aus der Fassung. Ich habe den Drang, laut zu rufen, es hinauszubrüllen, und doch schweige ich lieber, und lasse es mich ganz erfüllen - dieses plötzliche Glücksgefühl, mächtig und seltsam. Mein Bauch wird innerlich warm, und ich strahle plötzlich, die Gedanken, die in meinem Kopf wie Fanfaren klingen, sind einfach zu schön. Ich bin glücklich. Ich lebe - und bin darüber mit einem Mal so froh, so stolz, daß ich wirklich kurzfristig darüber nachdenke, ob ich nicht den unter mir vorbeirasenden Wagen zurufen sollte, was für ein Wunder es ist, daß i c h lebe, daß mir das Leben gefällt - wie wundervoll l e b e n sein kann.
Als aus dem Dunkel am Fuß der schmalen Brücke andere Studenten auftauchen, rolle ich weiter, noch immer breit lächelnd. Die kalte Luft auf meinen Wangen fühlt sich so real an, meine unbedeckten Hände kribbeln und schmerzen im Fahrtwind, und doch genieße ich dieses Gefühl, weil es mir zeigt, daß ich da bin, daß ich fühle. Ich bin.
Kurzfristig wundere ich mich darüber, daß ich es bin, die so selbstverständlich über diesen Campus fährt, mit einem Blick prüft, ob in meinem zweiten, mir lieberen Institut noch Licht brennt, und dann so automatisch schon den Weg nach Hause einschlage. Bis heute ist es manchmal unverständlich, daß ich das geschafft habe, hierher zu kommen und bis jetzt zu bestehen - so viel ist besiegt. Die Einsamkeit, viele Ängste, die Krankheit?!
Mein Rad läuft weiter, und ich zügle es nicht. Im Dunkeln, entlang des Parkes, an dem mein Weg langgeht, wirken die Lichter der mir entgegenkommenden Radler wie Laternen, und kurz verliere ich mich in Gedanken. Ich habe soviel nachzuholen. Manchmal scheint es mir, als wäre ich die vergangenen drei Jahre größtenteils gefangen gewesen - in dem grauen, dunklen Kerker meines eigenen kranken Denkens. Wie farbig, wie bunt, wie schön die Welt sein kann!
Leider ist es wie immer - noch halte ich diese Überlegungen, diese Freude nur schwer aus. Ich muss mich dann wieder in das alte flüchten, muss dem aus Prinzip quasi ein paar düstere Sätze entgegenstellen, meine Ängste beruhigen. 'Nein, keine Sorge, das war nur ein Ausreißer, ich weiß noch nicht, ob ich wirklich leben will, ich teste nur. Nein, keine Angst, ich gebe dich nicht auf, Melancholie. Ich kann immer zurück, ein paar Schnitte, zuviele Tabletten, dann bin ich wieder auf sicherem Boden, dort, wo ich mich auskenne.' Und doch weiß ich, daß es langsam, Stück für Stück, anders wird. Besser. Und wer weiß, vielleicht kann ich eines Tages ganz zu der Freude stehen. Noch machen mir solche Lebensfreude Angst, es ist so gefährlich ungewohnt. Noch kann die ängstliche T. ihre alten Überlebensstrategien nicht ganz loslassen, obwohl ich sie nicht mehr verwende. Nur die Möglichkeit zu haben....
Die Wärme im Bauch ist geblieben, und indem ich das alles aufschreibe, halte ich den Moment fest - und die guten Gedanken.
Montag, 5. Januar 2009
Laecheln verschenken
Der Schnee knirscht unter meinen Rüßen. So ein Geräusch gibt es sonst nie - feucht-staubig, ein harsches Knirschen, wenn sich der lockere Boden zu festem zusammenpressen muss. Mein Fahrrad zieht neben mir eine grade Spur, übermütig und ausgelassen. Vom Fahren vorher sind die Felgen, die Bleche und Speichen über und über mit Weiß bestaubt, und es gefällt ihm spürbar. "Bin ich nicht schön so?" kichert es und zieht einen Schlenker. "Fast schon ein Schimmel, glitzernd und stolz!" Ich schmunzle still. Stolz ist es, ja, doch es macht Spaß, die Freude an dem gschönen Tag auch bei ihm zu beobachten. Es zieht Achten hinter sich her, wackelt mit dem Hinterrad und hopst glücklich über kleine Steine.
Mein Blick zieht seine Bahn über die blendende Fläche vor mir, der zugefrorene See, die zugedeckten Äste der Bäume. Kinderlachen, sie ziehen mit Schlitten zu einem Berg, den ich offenbar noch immer nicht kenne, zumindest kann ich mir ihr Ziel nicht vorstellen. Wieder Knirschen, und ich konzentriere mich wieder auf das Geräusch. Stiller Frieden in meiner Brust, während meine Ohren in der Kälte jammern.
Auf meinem Weg kommt mir langsam ein alter Mann entgegen, den Blick gedankenverloren-traurig nach innen gerichtet, allein. Sein Rücken ist noch hoch aufgerichtet, fast ein wenig trotzig dem Alter gegenüber, welches sich in seinem Gesicht schon so deutlich zeigt. Der Mund ist entspannt, jedoch mit Winkeln, die lose herabfallen, als hätte das Leben ihm die Freude genommen. Er blickt auf, als er mich näher kommen hört, seine Augen treffen kurz die meinen. Ich lächele ihn an, und zunächst steht Erstaunen in seiner Miene, und dann, fast unwillkürlich, lächelt er zurück. Und auch beim Weitergehen bleiben seine Mundwinkel oben, er nimmt mein Lächeln entgegen und trägt es weiter.
Mein Blick zieht seine Bahn über die blendende Fläche vor mir, der zugefrorene See, die zugedeckten Äste der Bäume. Kinderlachen, sie ziehen mit Schlitten zu einem Berg, den ich offenbar noch immer nicht kenne, zumindest kann ich mir ihr Ziel nicht vorstellen. Wieder Knirschen, und ich konzentriere mich wieder auf das Geräusch. Stiller Frieden in meiner Brust, während meine Ohren in der Kälte jammern.
Auf meinem Weg kommt mir langsam ein alter Mann entgegen, den Blick gedankenverloren-traurig nach innen gerichtet, allein. Sein Rücken ist noch hoch aufgerichtet, fast ein wenig trotzig dem Alter gegenüber, welches sich in seinem Gesicht schon so deutlich zeigt. Der Mund ist entspannt, jedoch mit Winkeln, die lose herabfallen, als hätte das Leben ihm die Freude genommen. Er blickt auf, als er mich näher kommen hört, seine Augen treffen kurz die meinen. Ich lächele ihn an, und zunächst steht Erstaunen in seiner Miene, und dann, fast unwillkürlich, lächelt er zurück. Und auch beim Weitergehen bleiben seine Mundwinkel oben, er nimmt mein Lächeln entgegen und trägt es weiter.
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