Montag, 5. Januar 2009

Laecheln verschenken

Der Schnee knirscht unter meinen Rüßen. So ein Geräusch gibt es sonst nie - feucht-staubig, ein harsches Knirschen, wenn sich der lockere Boden zu festem zusammenpressen muss. Mein Fahrrad zieht neben mir eine grade Spur, übermütig und ausgelassen. Vom Fahren vorher sind die Felgen, die Bleche und Speichen über und über mit Weiß bestaubt, und es gefällt ihm spürbar. "Bin ich nicht schön so?" kichert es und zieht einen Schlenker. "Fast schon ein Schimmel, glitzernd und stolz!" Ich schmunzle still. Stolz ist es, ja, doch es macht Spaß, die Freude an dem gschönen Tag auch bei ihm zu beobachten. Es zieht Achten hinter sich her, wackelt mit dem Hinterrad und hopst glücklich über kleine Steine.
Mein Blick zieht seine Bahn über die blendende Fläche vor mir, der zugefrorene See, die zugedeckten Äste der Bäume. Kinderlachen, sie ziehen mit Schlitten zu einem Berg, den ich offenbar noch immer nicht kenne, zumindest kann ich mir ihr Ziel nicht vorstellen. Wieder Knirschen, und ich konzentriere mich wieder auf das Geräusch. Stiller Frieden in meiner Brust, während meine Ohren in der Kälte jammern.

Auf meinem Weg kommt mir langsam ein alter Mann entgegen, den Blick gedankenverloren-traurig nach innen gerichtet, allein. Sein Rücken ist noch hoch aufgerichtet, fast ein wenig trotzig dem Alter gegenüber, welches sich in seinem Gesicht schon so deutlich zeigt. Der Mund ist entspannt, jedoch mit Winkeln, die lose herabfallen, als hätte das Leben ihm die Freude genommen. Er blickt auf, als er mich näher kommen hört, seine Augen treffen kurz die meinen. Ich lächele ihn an, und zunächst steht Erstaunen in seiner Miene, und dann, fast unwillkürlich, lächelt er zurück. Und auch beim Weitergehen bleiben seine Mundwinkel oben, er nimmt mein Lächeln entgegen und trägt es weiter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen