Samstag, 19. Dezember 2009

just a kid...

Träumen.

Heute habe ich mir all die kleinen Seltsamkeiten, die meine Kindheit so prägten, wieder erlaubt. Es ist so einfach, meine Fantasie zu wecken - und mit ihr die Sehnsucht. Ein Buch, ein Film, ein kleiner verzauberter Moment - und in mir brennt ein Verlangen nach einem - anderen Leben, das es schmerzt.
Im Semester kann ich das nicht zulassen, ich versuche es zu ignorieren, wenn in mir fremde Welten erwachen. Heute - doch, am ersten Ferientag habe ich es mir erlaubt. Habe meine seltsamen, weichen, antiken Kleider angezogen, habe mit Kinderaugen all die erwachsenen Tätigkeiten im Haushalt und Alltag verwandelt. Just a kid in a dress.

Mittelalterliche Stulpenstiefel, das schmale, schlichte schwarze Samtkleid, darüber mein so antik veraltet wirkender Wollmantel mit dem Glockenrock - ich war nur Flaschen wegbringen, im flitternd leichten Schneegestöber, und ein Kristall auf dem schwarzen Stoff rührte mich zu Tränen. Glitzernd im Dunkel, allüberall - auf der Straße, wo ich die Automobile nicht mehr sah, vor mir auf dem Gehweg, der in meinen Augen in einer anderen Zeit lag, im Himmel, im Licht der Straßenlaternen funkelnd, fielen die kleinen Flocken.

Und bei all dem erfüllt mich Glück und Traurigkeit zusammen - vielleicht lebe ich wirklich einfach nicht in der richtigen Zeit...

Dienstag, 15. Dezember 2009

Odyssee einer Suche I

Ort: Irgendwo im Norden Deutschlands.
Auftrag: "Frau mosyone, noch immer halte ich eine ambulante Therapie für induziert. In Ihrem Wohnort gibt es keine zertifizierten DBT-Therapeuten, daher suchen Sie am besten nach einem tiefenpsychologisch fundierten ambulanten Therapeuten. Denken Sie zumindest darüber nach..!"
Nachdem dies auch vom ebenfalls auch therapeutisch ausgebildeten Hausarzt bestätigt wurde, begann der Selbstversuch - wie findet mosyone im hoffnungslos unterversorgten K. einen zu ihr passenden ambulanten Psychotherapeut / Mediziner?
Hier seien als Erfahrungsbericht die verschiedenen schrägen Typen aufgelistet, welche ihr bei dieser Suche begegnen.

Vorgespräch Nr. I : Dr. med. F.

Ein Vorort von K., sowieso nicht die günstigste Gegend. Dr. F. hatte jedoch bei Anruf keine Warteliste und die Sprechstundenhilfe vergab direkt Termine, daher dachte sich mosyone, sie könne das ja mal ausprobieren. Er stand auf der AOK-Liste der tiefenpsych. fundierten Therapeuten, somit ließ sie sich einen Termin geben und kreuzte dort zur vereinbarten Zeit auf. Dr. F. war zusätzlich noch Frauenarzt und Akupunkteur, was mosyone schon leicht misstrauisch machte - eine etwas seltsame Kombination.
Nach Aufnahme ihrer Daten an der Rezeption wartete sie etwa zehn Minuten im Wartezimmer, welches mit Schwangerschaftsbroschüren und Babyfotos versehen war, und wurde dann ins Sprechzimmer des Dr. F. geführt. Auf seinem Scheibtisch, hinter welchem er saß, lagen Menstruationskalender, Pillenwerbungen und andere medizinische Papiere.
Hand geben, hinsetzen, sich einmal umsehen, "Was führt Sie zu mir?"
Es folgte ein etwa zwanzig minütiges Anamnesegespräch, was machen die Eltern, der Bruder, wie alt sind alle, wie waren Ihre ersten 0-6 Lebensjahr, dann 6-10, 10-16, 16-20. Einmal die Geschichte erzählen, er fragte nach, ob sie ihre Diagnose aus den ganzen Psychiatrieaufenthalten kennen würde, und testete ihr Fachwissen über die Diagnose. Erst nach der familiären Anamnese fragte er das erste Mal, was sie selbst eigentlich beruflich mache.

Erst _nach_ dieser ganzen Fragerei kam er dann zu seinem Part, wie er Psychotherapie mache. Er berichtete, er arbeite mit den Methoden der katathym-imaginativen Psychotherapie, erklärte das Vorgehen kurz (siehe wikipedia-Artikel dazu) und schlug dann vor, damit gleich einmal anzufangen. Er löschte das Licht, bat mosyone, ihre Augen zu schließen, leitete eine kurze Entspannung von Armen und Schulterbereich an und bat sie dann, sich eine Wiese vorzustellen. Es folgten Fragen dazu, währenddessen ihre Augen geschlossen bleiben sollten, wie hoch das Gras sei, wie das Wetter sei, ob die Wiese begrenzt sei, welche Jahreszeit es sei, etc. Mosyone wurde angeleitet, sich selbst in der Wiese zu sehen, was sie dort tue, wie sie sich fühle (was sie total verwirrte - fragte er nach _ihren_ Gefühlen oder nach denen des Ichs auf der Wiese?), ob sich das Wetter ändere.
Nach dieser Imagination erleutete er in einer recht einfachen Symboldeutung (Frühling = Beginn des Lebens, unbegrenzte Wiese = Freiheit und Chancen, Sonne = positive Lebenseinstellung), was "ihr Unterbewusstes" ihm durch diese Bilder gesagt hätte.

Im Anschluß legte er dar, daß er eigentlich nicht der Meinung sei, sie benötige therapeutische Hilfe, auch in der Imagination hätte sich ja gezeigt, daß sie im Moment alles gut im Griff hätte und keine Probleme vorhanden seien (was wäre wohl gewesen, hätte sie sich statt für den Frühling doch für den Herbst als Jahreszeit und für Regen als Wetterlage entschieden?), aber er wolle dennoch gerne mit ihr arbeiten. Aha.
Er erklärte dann noch weiter, daß man mit dieser Therapie und mit Medikamenten gut lernen könne, mit Dissoziationen zu leben (obwohl sie in der Anamnese deutlich gesagt hatte, daß sie dieses Symptom der BPS nicht aufweist und Psychopharmaka ablehnt!), wollte dann einen weiteren Termin mit ihr ausmachen ("Ich muss diese Stunde erstmal sacken lassen, ich melde mich im neuen Jahr bei Ihnen.") und entließ sie dann.

Fazit: Ob diese Art der Therapie überhaupt sinnvoll und produktiv ist, kann ich nicht beurteilen. Jedoch ist sie für mich definitiv vollkommen unbrauchbar, da viel zu flach gedacht, nicht konkret genug, strange (Himmel, der will über Imagination an mein Unterbewusstes - ah ja) und irgendwie auch dumm. Die Deutungen, die da von meinem Gegenüber kamen, waren so platt, die hätte ich selbst ebenso gut machen können - außerdem halte ich es für enorm angreifbar, anhand einer willkürlich vorgestellten Wiese Aussagen darüber zu machen, wie mein psychischer Zustand im Moment ist. Weiterhin ist dieser Ansatz enorm leicht manipulierbar, das wäre kontraproduktiv.

Also - die Therapie-Such-Odysee geht weiter.

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Schritte.

Wieder einmal von ganz vorne. Es ist schon faszinierend - Selbstbeobachtung hat einen gewissen Reiz. Immerhin stelle ich dabei auch ab und an fest, daß ich wirklich Fortschritte gemacht habe. Ich vermeide zwar noch gerne, aber irgendwann siegt die Vernunft und ich kümmere mich dann doch drum. Und wenn dann, so wie heute, auch noch ein bisschen Glück (bzw die Vorsicht seitens meines lokalen Allgemeinmediziners) dazukommt, schaffe ich es sogar, wirklich alles zu fragen, was ich mir seit Wochen vorgenommen hatte - er stellte die richtigen Fragen.
Nun liegt auf meinem Schreibtisch wieder einmal eine Liste voller Mediziner und Diplom-Psychologen, allesamt auf tiefenpsychologische Therapie spezialisiert. Abseits der alten verhaltenstherapeutischen Ansätze ist es an der Zeit, mich und meine Psyche (und irgendwie auch meine Vergangenheit) erneut auf den Seziertisch zu legen. In einem Setting, was sich bislang noch nie produktiv auswirkte, nämlich - im Alltag. Im tagtäglichen Streß, zwischen Universität, Proben und Freunden.
Es bedeutet, sollte ich einen Platz und ein Gegenüber finden, welches mir sympathisch ist, daß ich einen Teil meiner Persönlichkeit in mein Normalitäts-Ich integrieren muss, einen Part meiner Selbst, den ich in Kiel einsperrte und der in den Semesterferien dann die Leitung übernahm.
Ich bin gespannt, wie ich mich so mit ihm vertrage...